Gespräche

"Wo ist Gott?" Ein Gespräch mit dem Astronomen des Papstes

Wenn wir die Welt mit Naturgesetzen erklären können, wo ist dann Gott? Wer sich mit der Entstehung und dem Aufbau des Universums befasst, stößt zwangsläufig auf solche Fragen. In diesem schwierigen Grenzgebiet zwischen Wissen und Glauben bewegt Guy Consolmagno sich täglich. Er ist Astrophysiker, Jesuit und leitet die Sternwarte des Papstes in Castel Gandolfo bei Rom, wo eine weithin sichtbare Teleskopkuppel den Palast der päpstlichen Sommerresidenz krönt. Das Vatikanische Observatorium, im Jahr 1891 gegründet, um den Austausch zwischen Wissenschaft und Religion zu fördern, betreibt als internationale Forschungseinrichtung auch ein Großteleskop der Wüste von Arizona. Consolmagno stammt aus Detroit. Er ist Experte für Meteoriten und untersucht die Entstehung der Himmelkörper im Sonnensystem. Er erscheint im Sweatshirt und mit weißem Rauschebart, spricht schnell und lacht viel. Eher hätte ich einen Professor einer amerikanischen Universität des mittleren Westens als den Astronomen des Papstes in ihm vermutet.

Stefan Klein: Herr Consolmagno, wir können heute mit Weltraumobservatorien das erste Licht des Universums nach dem Urknall einfangen, die kosmische Hintergrundstrahlung. Als der amerikanische Astrophysiker George Smoot vor einigen Jahren die Ansichten dieser Strahlung präsentierte, sagte er: „Wenn Sie religiös sind, dann ist es, als würden Sie in Gottes Antlitz schauen.“ Stimmen Sie ihm zu?

Guy Consolgmagno: Smoot hat die Erfahrung sehr genau beschrieben: Plötzlich sieht man etwas, von dem man nie dachte, es je sehen zu können. Dies ähnelt einem religiösen Erlebnis.

"Wir könnten unsterblich sein"

Dass wir altern, scheint eine der unangenehmen Selbstverständlichkeiten des Lebens zu sein. Aber schon Michel de Montaigne äußerte daran seine Zweifel. Der französische Essayist nannte es ein „ungewöhnliches Glück“, in die Jahre zu kommen, denn „vor Alter zu sterben ist ein seltener Tod“ – den wenigsten Menschen in Montaignes von Gewalt und Seuchen geplagten 16. Jahrhundert war er beschieden.

Heute hinterfragen Naturwissenschaftler, ob es wirklich unausweichlich ist, dass wir körperlich und geistig verfallen. Elisabeth Blackburn gehört zu den Pionieren solcher Forschung.

Das rätselhafte Ich

Ein philosophisches Gespräch

Wie komme ich zum meinem ganz eigenen Blick auf die Welt? Und was bleibt von mir, wenn ich sterbe?

Jane Goodall im Gespräch mit Stefan Klein

Ich habe nie eine bescheidenere Berühmtheit als Jane Goodall kennengelernt.

Wir trafen uns ihn ihrem kleinen Zimmer in einem Münchner Hotel, die berühmte Verhaltensforscherin hatte eine anstrengende Vortragsreise durch Österreich hinter und die Schweizer Premiere eines Films über ihr Leben vor sich. Aber die 77jährige Goodall redete nicht nur mit höchster Präsenz und gelegentlich einer sehr britischen Selbstironie, sie hörte auch mit einer Aufmerksamkeit zu, wie ich sie selten erlebe.

Dabei soll nach einer amerikanischen Untersuchung nur ein Wissenschaftler mehr Menschen bekannt sein als sie – Albert Einstein persönlich. Goodall selbst würde wohl widersprechen, dass man seinen und ihren Namen in derselben Kategorie nennt, hat sie doch nie ein Studium durchlaufen. Eine Pioniertat ähnlich der Erschaffung der Relativitätstheorie war es gleichwohl, als sie nach Abschluss einer Sekretärinnenschule im Jahr 1960 im ostafrikanischen Gombe-Nationalpark das Leben der Schimpansen zu erforschen begann. Denn nie zuvor hatte ein Mensch längere Zeit auf den Spuren wilder Menschenaffen verbracht. Und was Goodall in den mehr als 50 Jahren seitdem entdeckte, eröffnete nicht nur ein neues Verständnis unserer nächsten Verwandten. Ihre Forschungen waren auch wegweisend für unseren Umgang mit Tieren ganz allgemein.

Als wir dann am zweiten Tag unseres Treffens spazierten wir durch die nahegelegenen Isaranlagen spazierten, brachte Goodall plötzlich so täuschend echt Schimpansenlaute hervor, dass Passanten sich umdrehten. Offenbar fürchteten sie, dass ein entlaufenes Tier sich im Park herumtreibt.

Ist Luxus unmoralisch?


An Peter Singer scheiden sich die Geister. Seine Anhänger nennen ihn für einen der bedeutendsten Moralphilosophen unserer Zeit und loben sein unerschrockenes Denken. Unter ihnen sind viele Kollegen; Vegetarier, die ihn als Vorkämpfer des Tierschutzes sehen; Bill Gates hat es Singers bedingungsloses Eintreten für die Ärmsten der Welt angetan. Seine Gegner allerdings hal­ten Singer vor, ihm sei menschliches Leben nicht heilig. Die erbittertsten Kritiker behaup­ten sogar, was Singer lehre, stehe in gefährli­cher Nähe zur Ideologie der Nationalsozialis­ten. Dabei stammt der Singer aus einer uralten böhmischen Rabbinerfamilie.

Was ist gerecht?

Ein Gespräch mit dem Wirtschaftswissenschaftler Ernst Fehr über unser angeborenes Bedürfnis nach Fairness, selbstlose Einzelkinder und die Frage, wie viel Ungerechtigkeit eine Gesellschaft aushält.

Erschienen in Zeit-Magazin 31/09

Über Gott und die Welt

erschienen im Zeit Magazin 15 / 2009

Übermäßiger Respekt ist keine  Regung, die mich oft plagt. Nachdem allerdings Steven Weinberg für ein Gespräch zugesagt hatte, fragte ich mich doch, wie ich einem Mann begegnen sollte, der wie kaum ein anderer lebender Physiker unsere Vorstellung vom Aufbau und der Entstehung des Universums geprägt hat.
    Doch alle Befangenheit verflüchtigte sich, als ich das bescheidene Zimmer an der Universität von Texas in Austin betrat, in dem Weinberg vor einer Tafel mit mathematischen Symbolen saß. Ohne selbst aufzustehen, bot er mir einen Platz an und begann mich sofort in eine Konversation zu verwickeln, die so freundlich war, als hätten wir uns schon lange gekannt. Während des Gesprächs lachte er immer wieder laut auf. Seine Hände spielten unterdessen mit dem vergoldeten Knauf eines Spazierstocks.


Professor Weinberg, ist es wahr, dass Sie die große Entdeckung Ihres Lebens in einem roten Sportwagen gemacht haben?

Ja, in einem Chevrolet Camaro. Das war 1967. Ich versuchte damals, die starken Kräfte zu verstehen, die den Atomkern zusammenhalten. Aber ich gelangte nirgendwo hin.

Erinnern Sie sich?

Wie unser Gedächtnis funktioniert: Die Heidelberger Neurobiologin Hannah Monyer über wandernde Hirnzellen, eine Kindheit in Siebenbürgen und die Möglichkeit, das Gehirn zu dopen

erschienen im Zeit-Magazin 12/09

Der Wespenversteher

Wer Wespen beobachtet, sagt der Verhaltensforscher Raghavendra Gadagkar,  kann viel lernen: Über Männer, Frauen und Moral.

erschienen im Zeit-Magazin 08/09

  Sie leben mit Ihrem Forschungsobjekten zusammen. Es heißt, Ihr ganzes Haus sei voller Wespennester. Was sagt denn Ihre Familie dazu?

     Wir haben das Haus sogar nach meinen Wespen »Ropalidia« benannt. Die Tiere gehören einfach zu meinem Leben. Wenn ich verreist bin, kümmert sich meine Frau um sie. Und als unser Sohn zum ersten Mal bewusst mitbekam, dass er gestochen wurde, war er begeistert – da fühlte er sich wie ein erwachsener Mann.

"Wir waren sehr naiv"

 Ein Gespräch mit Craig Venter

erschienen in Zeit Magazin 03/09

Craig Venter ist der wohl umstrittenste Wissenschaftler unserer Zeit. Seine Bewunderer rühmen Charisma, Mut und Intelligenz dieses Biochemikers, der mehr Gene entschlüsselt hat als irgendwer sonst. Für seine Feinde hingegen ist er »Darth Venter«: Wie der brutale Tyrann Darth Vader in Krieg der Sterne einst von der Truppe der Guten abfiel und auf die dunkle Seite der Macht wechselte, so habe auch Venter das staatliche amerikanische Gesundheitsforschungszentrum NIH verlassen und private Forschungseinrichtungen und Firmen gegründet, um Alleinherrscher über das Universum der Gene zu werden.